Nov 13, 2023 • 15M

Seenotrettung ist kein Verbrechen!

"Jetzt auf See und dann kein Schiff" - über die Pflicht zur Seenotrettung

 
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Erscheint in dieser Episode

Erik H.
Der „St. Pauli POP“ Podcast beleuchtet alle Spiele des FC St. Pauli im DFB-Pokal und der 2. Bundesliga, sowie das was den Klub noch ausmacht: die Popkultur rund um die Reeperbahn und das Viertel. Zusammen mit meinen Co-Hosts und Gästen spreche ich über den Stadtteil, Fußball und POP-Kultur – Konzerte, Musik, Kunst und Events auf dem Kiez und beim FC St. Pauli
Episodendetails
Transkript
Cross-Post von St. Pauli POP
Jetzt auf See und dann kein Schiff! -

Sie ist ein wenig untergegangen, die Aktion des Millerntors, des FC St. Pauli und seiner Supporter für Seenotrettung; überschattet vom Polizeieinsatz im Gästeblock.

Ein Grund für mich, dieses Thema in einen Podcast-Zwischenruf zu packen; auch weil das Thema mich als Segler und Nachfahren von Fischern persönlich berührt.

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Jetzt auf See und dann kein Schiff

Meine eigenen Erfahrungen zum Thema Seenot sind vergleichsweise lütt und nicht mit dem Horror zu vergleichen, den migrierende Menschen auf dem Mittelmeer erleben. Mein eigenes Erleben sensibilisiert mich jedoch - und deswegen will ich dir davon erzählen:

Ich erinnere mich noch sehr gut an den ersten Seenot-Moment in meinem Leben: wir segeln zu dritt auf der Nordadria als von Lee eine schwarze Wand aufzieht. Das Grosssegel bekommen wir gerade noch runter, die Fock, ohnehin schon eine kleine Solent Jib, reißt als 12 Windstärken in unser Rigg knallen. Wir sind urplötzlich nur noch einen kleinen weiteren Riss von einer Seenot  entfernt, mitten auf der kochenden Adria mit einem kaputten Vorsegel und einem kaum laufenden Diesel.

Als ich die Funke anschmeisse, höre ich auf Kanal 16 lauter Mayday-Rufe; nur deswegen setze ich selbst keinen ab. Das verzweifelte Rufen eines Jungen auf einer schwedischen Yacht klingt mir heute noch in den Ohren. Nach alter Tradition nehmen wir unsere persönlichen Papiere an uns, damit wir später identifiziert werden können, falls wir das Schiff verlieren und kämpfen uns 12 Stunden durch den nicht nachlassenden Sturm.

Ich kann meiner inneren Tankanzeige zusehen, wie mein Körper in der nassen und zehrenden Umgebung an Kraft verliert. Viel länger hätten wir nicht durchgehalten, als wir in Mali Losin Schutz in einer Bucht finden.

Die raue, aufgewühlte See lässt im gesündesten Selbstvertrauen einen kalten Horror entstehen, den sich Landratten einfach nicht vorstellen können.

Dabei lag zwischen uns und dem Untergang noch eine seegängige Jacht, und eine Seenotrettungsorganisation, die uns ohne zu zögern einen Hubschrauber aus Pula geschickt hätte; ich kann also nur schwach erahnen, was es heißt, entkräftet, durstig und am ganzen Wesen klamm an einem Stück Plastik treibend, sich dieser Hoffnung fressenden Kraft gegenüber zu sehen.

Meine Vorfahren waren Fischer aus einem kleinen Dorf an der Elbe; in früheren Zeiten war es normal, Verwandte und ganze Männergenerationen an die Nordsee zu verlieren. Vielleicht entstammt dieser Erfahrung mein tiefer Respekt gegenüber Seenotretter_innen und dem Kodex, der auf See alle Menschen gleich macht. Denn das sind wir alle, die wir auf den Meeren fahren – im Angesicht der grauen, Lebenskraft saugenden See. - via Blogfrei Blog

Seenotrettung ist kein Verbrechen sondern menschliche Pflicht; jahrtausendealt.

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